Schafe im Wohnzimmer, Fleisch in der Packung: Blut ekelt uns nur, wenn es nah ist

Vor Kurzem las ich einen Artikel in der Berliner Zeitung1, der von einem Vorfall berichtete, der bei den Lesern viel Entrüstung auslöste: Ein Mann hatte in seiner Wohnung in Berlin-Köpenick zwei Schafe getötet.

Der Mann hat etwas rechtlich Falsches getan: erstens, weil er das Gesetz gebrochen hat (es ist nicht legal, Tiere an einem nicht genehmigten Ort zu schlachten); zweitens, weil er, offenbar, die Tiere aus einem öffentlichen Park gestohlen hatte.

Davon abgesehen war es für mich unausweichlich, diesen aktuellen Fall mit persönlichen und realistischen Erinnerungen zu verbinden und von dort eine philosophische Reflexion anzustoßen … und viele Fragen zu stellen.

Was stört uns in dieser Geschichte wirklich? Die Tat selbst? Der Ort? Oder die Tatsache, dass sie uns mit etwas konfrontiert, das wir lieber ignorieren?

Fangen wir mit einer ganz anderen Realität an. In einer pastoralen Kultur wie der sardischen bedeutet es keinen Akt der Barbarei, ein Tier zu töten, um es zu essen. Zum Beispiel hat mein Großvater zu Ostern das Lamm geschlachtet, und es gab keinerlei Dramatisierung, keine besondere Grausamkeit: nur eine bewusste Beteiligung an der gelebten Realität. Es kam vor, dass das Lamm lebend hinter dem Hof gebracht und direkt vor unseren Augen getötet wurde, wir Kinder, voller Aufregung, beobachteten den Tod ganz nah und entwickelten so eine authentischere Beziehung zur Realität und damit zum Leben.

Diese Anekdote wird vermutlich bei Hunderten Menschen Empörung auslösen, aber ich glaube, dass sehr wenige von ihnen dieselbe Empörung an der Fleischtheke im Supermarkt verspüren, wo jeden Monat Tonnen von Fleisch gelagert und verkauft werden. Fleisch von Tieren, die sicher weitaus schlechter behandelt wurden als diejenigen, die mein Großvater hielt: frei auf der Weide grasen, wenige Zäune, Futter und Unterstand mit Meerblick, und sogar Wachhunde, um ungewollte Begegnungen mit Dieben zu verhindern.

Hinter dieser Reflexion verbirgt sich eine viel tiefere Wahrheit über uns als Menschen: nämlich, dass wir den Tod nicht sehen wollen, wir wollen nicht das Leiden sehen, das zum Leben gehört. Wir wollen, dass er ausgelagert, fern und sauber ist, und wir wollen Fleisch essen, ohne zu wissen, woher es kommt.

Im Supermarkt wird das Fleisch geschnitten, verpackt, fast abstrakt. Es gibt kein Blut, keine Augen, keinen Schmerz. Aber wenn wir Blut aus nächster Nähe im Alltag sehen, wirkt es für uns „unmenschlich“. Anders gesagt: Das Problem ist nicht die Tat an sich, sondern die Tatsache, dass sie direkt vor unseren Augen geschieht.

Der Mensch hat Opfer immer als heiligen Akt erlebt, nicht als industrielle Prozedur. Die Kultur der sardischen Hirten ist Lichtjahre entfernt von der grausamen, kapitalistischen Logik der Fleischindustrie.

Vielleicht haben wir den Bezug zum wirklichen Leben verloren und, aufgrund der weit verbreiteten Gewohnheit, die Realität in Schwarz-Weiß zu sehen, alles in einen Topf geworfen, ohne die grundlegenden Unterschiede zu erkennen: Wir sind nicht in der Lage zu unterscheiden, dass jemand, der mit Respekt tötet, nicht zwangsläufig grausam ist, aber jemand, der konsumiert, ohne nachzudenken und bewusst zu sein, es zweifellos ist.

Deshalb müssen wir, bei aller Achtung vor den persönlichen Entscheidungen und dem noblen Versuch, Leid an jedem Lebewesen zu vermeiden, zugeben, dass der Veganismus von Natur aus eine inhärente Inkohärenz hat, obwohl er sich als radikale Kohärenz darstellt. Denn ob wir wollen oder nicht, Leben bedeutet immer, in Austauschbeziehungen zu treten, und manchmal bedeutet dieser Austausch den Tod.

Mit anderen Worten: Ich habe noch keinen einzigen Veganer kennengelernt, der kein Smartphone besitzt. Und doch hat jedes Smartphone einen brutalen Einfluss auf das tierische Leben, auch wenn wir ihn nicht sehen, weil unsere Telefone Metalle wie Lithium, Gold, Kupfer, Kobalt enthalten, und deren Förderung die totale Zerstörung von Wäldern sowie das Leid und den Tod vieler Tiere erzwingt. Ein Leid, das weit über das momentane hinausgeht, das mein Großvater dem Lamm beim Schlachten für das Osteressen zufügte. Ganz zu schweigen davon, dass viele Minenarbeiter Kinder oder ausgebeutete Erwachsene ohne Schutz in gefährlichen Bedingungen sind.

Vielleicht liegt das eigentliche Problem nicht im Tod an sich, sondern darin, wie Tiere zum Tod gelangen. Und vielleicht sollten wir das System, das tagtäglich schweigend tötet, genauer betrachten, anstatt uns über einen einzelnen Vorfall zu entrüsten, der uns lediglich zwingt, hinzusehen. Denn das wahre Grauen ist wahrscheinlich nicht der Tod der Tiere, sondern unser Wunsch, das Leiden, das zum Leben gehört, zu verbergen.

  1. https://www.bz-berlin.de/polizei/schafe-in-mietwohnung-geschlachtet ↩︎

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