Verbunden und dumm: Wie der Bildschirm uns blöd macht, erklärt.

Vor fünfzig Jahren musste man das Radio einschalten, eine Weile warten und hoffen, dass das Lieblingslied irgendwann kommt, vielleicht nach zehn anderen Liedern. Die Klügsten bewaffneten sich mit einem Kassettenrekorder, bereit, die ‚Record-Taste‘ zu drücken, um den Song zu erwischen und ihn immer wieder anhören zu können.

Heute reicht es fast, nur an etwas zu denken, um es zur Hand zu haben (ich weiß nicht, wie es euch geht, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass mein Handy sogar meine Gedanken liest, wenn es mir Werbung für Dinge zeigt, an die ich nur gedacht habe. Aber das ist keine Philosophie, das ist schwarze Magie).

Ihr werdet sagen: Super! Man spart eine Menge Zeit.

Aber was zu gut ist, um wahr zu sein, ist manchmal nicht wahr, oder besser gesagt, es ist nur teilweise wahr, aber es gibt einen Preis zu zahlen. Das Problem mit dieser ganzen Sache ist, dass der Preis wir sind.

Wenn wir von dem Radioszenario zurückgehen, verstehen wir, wie wir von aktiven Suchern von Dingen zu passiven Empfängern von unzusammenhängenden Informationen geworden sind, und wie uns das (mindestens ein wenig) dumm macht.

Ich merkte, dass ich den Preis selbst bezahlte, als ich eines Tages, ohne mein Handy, eine etwas schwierigere Division als sonst „manuell“ ausführen musste und, ich schäme mich, etwas Schwierigkeiten hatte. Divisionen lernt man in der Grundschule, aber mit dem Taschenrechner immer zur Hand hatte ich mein Gehirn nicht mehr trainiert, sie zu machen, und verlor dadurch die Fertigkeit. So musste ich etwas wiederholen, das ich mit sieben Jahren gelernt habe und von dem ich nicht einmal gemerkt hatte, dass ich es verloren hatte.

Als ich klein war, gab es einen kleinen Laden in meinem Dorf, in dem ich Süßigkeiten kaufte, und die Verkäuferin, die damals schon sehr alt war, war so daran gewöhnt, seit einem halben Jahrhundert Kopfrechnen zu machen, dass sie fast nie den Taschenrechner benutzte (vielleicht hatte sie auch keinen).

Übertragen wir diesen Gedanken auf alle Bereiche, in denen Technologie unser Leben durchdringt: Wenn wir Informationen brauchen, müssen wir nicht fünf Bücher lesen, um sie zu finden, wir klicken einfach. Wenn wir mit jemandem sprechen müssen, statt die Geduld zu üben, ihn oder sie aufzusuchen und dabei unsere Gedanken auf dem Weg zu ordnen, drücken wir einfach einen Knopf. Seitdem das Zeitunglesen keine Gewohnheit mehr ist, wird uns Information fast gewaltsam eingeimpft, sodass wir uns nicht mehr konzentrieren können. Der Trick besteht nun darin, das Wichtige aus all dem Überflüssigen herauszufiltern, anstatt aktiv nach qualitativ hochwertigen Informationen zu suchen.

Jedes Mal, wenn Technologie eine Aufgabe für uns übernimmt, glauben wir, Zeit zu sparen, aber in Wirklichkeit verlieren wir neuronale Verbindungen. Fünf Bücher zu lesen, um etwas zu finden, ist zum Beispiel keine Zeitverschwendung: Es ist Nahrung für unser Gehirn. Geduld zu meistern und lange Zeiten zu nutzen, ohne dass die Angst uns ins Ohr flüstert, dass die Zeit verrinnt, heißt Gelassenheit. Und immer noch in der Lage zu sein, sich zu konzentrieren, während alles um uns herum schnell wie Bilder in einem Spielautomaten vorbeizieht, ist heute wirklich eine Tugend.

Zu glauben, dass Technologie neutral ist oder dass ihr Wert ausschließlich davon abhängt, wie wir sie nutzen, ist naiv. Jede Technologie verändert unsere Wahrnehmung und unsere Interaktion mit der Welt: Wie das Rad eine Erweiterung unserer Beine ist, ist der Computer eine Erweiterung oder schlimmer noch, ein Ersatz für unser Gehirn. Diese Erweiterungen sind nicht neutral, sondern prägen unsere Erfahrung der Realität. Ein Beispiel war die Einführung des Fernsehens: Als es in unsere Häuser eindrang, zeigte es uns nicht nur Bilder, sondern kalibrierte unseren Blick auf die Welt komplett neu und erweiterte ihn weit über die Grenzen unseres Stadtteils hinaus.

Und wenn wir bedenken, dass der Mensch von Natur aus zum Energiesparen tendiert, delegieren wir aus Faulheit immer lieber (die meisten Schüler würden beispielsweise einen Aufsatz von der Künstlichen Intelligenz schreiben lassen, anstatt ihn selbst zu schreiben). Ein Computer erleichtert uns also nicht nur das Leben, sondern zwingt uns zu bestimmten Gewohnheiten, indem er Aufgaben übernimmt, die früher ausschließlich uns selbst anvertraut wurden.

Wie McLuhan schrieb, sind die Inhalte wie das Stück Fleisch, das der Dieb vor dem Wachhund schwenkt, um ins Haus zu schlüpfen. Die Medien sind nicht nur eine Quelle von Informationen, sondern prägen auch den Denkprozess.

Sich dessen bewusst zu sein, ist bereits ein riesiger Schritt, um zu verhindern, dass unser Gehirn sich atrophiert, besonders jetzt, wo künstliche Intelligenzen immer intelligenter als wir werden.

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